2016
Preisträger:innen
«Kopfkino» heisst sein aktuelles Programm und «Martin Zingsheim singt Lore Lorentz» sein anderes aktuelles Programm, beide große Erfolge, beide hervorragende Programme. Martin Zingsheim hat viele Talente: Er ist Musiker, Doktor der Musik, Arrangeur, Chansonnier, Satiriker, Kabarettist und präsentiert seine Kunst nicht nur auf den Kleinkunstbühnen und im Netz, sondern kann auch Radio.
Wer ihn hört, der muss schnell sein und politisch auf der Höhe der Zeit, denn sonst bekommt man nicht jede Pointe, jede Spitze mit. Er redet über Gott und die Welt, Liebe und Hass, Erziehung und Pauschalreisen, erklärt Veganismus zur rein lexikalischen Herausforderung und plant den Sturz herrschender Systeme durch getanzte Revolutionen. Immer ganz scharf am Rande des Scharfsinns.
Wenn er nicht spricht auf der Bühne, dann macht er Musik. Aktuell hat er die nur scheinbar alten Songs der Düsseldorfer Kommödchen-Prinzipalin Lore Lorentz für sich entdeckt und viele davon neu vertont. Das Verblüffende dabei: Es ist den Texten nicht anzuhören, ob sie gestern oder bereits vor einigen Jahrzehnten geschrieben worden sind, sind sie doch so zeitlos wie der Titel «Frieden ist Krieg, der woanders ist».
Für seine fulminanten Programme, mit denen er seit 2011 unterwegs ist, wurde Martin Zingsheim bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2015 mit dem Förderpreis zum Deutschen Kleinkunstpreis. Mit Martin Zingsheim würdigt der Salzburger Stier einen der vielseitigsten und spannendsten jungen Kabarettisten der deutschsprachigen Kleinkunstszene, der nicht nur auf der Bühne zu überzeugen vermag, sondern seine Kunst auch im Radio einzusetzen weiss.
Foto: Thomas Rodriguez
Gery Seidl ist ein erklärter Verfechter der aufmerksamen Zivilgesellschaft. Er beobachtet das Verhaltensrepertoire seines Umfeldes in fordernden Situationen ebenso genau wie sein eigenes. Die Programme des Kabarettisten sind immer auch Spiegelbild realer Lebenssituationen. Denn Gery Seidl schöpft seine Satiren auf alltägliche Bewältigungsstrategien nicht nur aus der Diskrepanz zwischen menschlichem Schein und Sein. Auch der authentisch agierende Mensch, dem die Kunst der Täuschung gänzlich fremd ist, findet sich in Gery Seidls Geschichten wieder.
Seidl: «Entschuldigen Sie, ich glaube, das Schlagobers (die Sahne) in meinem Kaffee ist sauer.»
Kellnerin: «Ja, ich weiss.»
Seidl: «Ja und…»
Kellnerin: «Wir haben kein anderes!»
Der Skurrilität zwischenmenschlicher Interaktionen räumt der Kabarettist in seinen Programmen einen hohen Stellenwert ein. Vielleicht eine Reminiszenz an seine berufliche Vergangenheit, denn Gery Seidl, Jahrgang 1975, entschied sich ursprüngliche für eine Karriere in der Bauwirtschaft. Der österreichische Schauspieler und Kabarettist Herwig Seeböck, der u.a. auch Alfred Dorfer, Roland Düringer, Andrea Händler oder Josef Hader die Schauspielkunst lehrte, konnte auch Gery Seidl für die Bühne gewinnen.
2003 präsentierte er im Duo mit seinem Kollegen Gerhard Walter das Programm «Warum Richard III.?», in den darauffolgenden Jahren wurden Seidl und Walter mit dem Grazer Kleinkunstvogel, dem Kärntner Kleinkunstdrachen, dem Münchner Kabarettkaktus und dem Österreichischen Kabarettförderpreis ausgezeichnet.
Mit dem Programm «Wegen Renovierung offen» trat Gery Seidl 2008 erstmals als Solist in Erscheinung und erspielte sich erneut den Österreichischen Kabarettförderpreis. Er ging mit Joesi Prokopetz auf Tournee und brachte in der Folge drei weitere Soloabende, ein Weihnachts-Special und ein «Best of»-Programm auf die Kleinkunstbühne. Gery Seidl wirkte in unterschiedlichen Film- und Fernsehproduktionen mit, sowie in ORF Comedy Formaten, wie «Eckel mit Kanten» oder «Was gibt es Neues».
In seinem aktuellen Soloprogramm «BITTE.DANKE» bietet Gery Seidl Einblicke in die Seelenlandschaft eines jungen Paares. In der Rolle des smarten Erzählers, der Witz und Charme wohl zu dosieren weiss, lädt der Kabarettist zu einer heiteren Tour entlang der Stolpersteine des Lebens und liefert eine pointierte Anleitung zum österreichischen Wesen.
Foto: Mag. Ernesto Gelles
Die in Ostberlin geborene Wahlschweizerin Uta Köbernick verblüffte gleich mit ihrem ersten Soloprogramm «Sonnenscheinwelt» (2006) Publikum und Medien. Verschmitzt blätterte sich die Debütantin auf der Bühne durch ein Notizbuch voller irrwitziger Aphorismen und Sinnverdrehungen, spielte Geige und Gitarre und erfand kinderliedklare Melodien mit Widerhaken. Scheinbar über Nacht war aus der Schauspiel-Abgängerin der Theaterhochschule Zürich mit Vertrag am Berliner Ensemble unter Claus Peymann die Liedermacherin Köbernick geworden. Eine Stimme, die aus der deutschsprachigen Kleinkunstszene heute nicht mehr wegzudenken ist. Die Wertschätzung verschiedener Jurys liess nicht lange auf sich warten.
2009 gewann sie den Förderpreis des renommierten deutschen Kleinkunstpreises und dem Studioalbum ihres zweiten Programms «auch nicht schlimmer» wurde 2011 der Preis der deutschen Schallplattenkritik zugesprochen. Köbernick steht in der literarischen Tradition des im September 2015 verstorbenen Liedermachers Christof Stählin, in dessen «Akademie für Poesie und Musik» sie Mitglied war. Ihr drittes und jüngstes Soloprogramm «Grund für Liebe» (2015) hatte just an Stählins Todestag Premiere. Mit Uta Köbernick würdigt der Schweizer Salzburger Stier eine politische Lyrikerin und eine Musikkabarettistin, die ihr Publikum in Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Nachdenken, Träumen und Schmunzeln zu singen vermag.
Foto: Mirco Rederlechner