2019
Preisträger:innen
Können Karnickel kotzen? Sind Ponys doof? Was tun, wenn einer einfach nur nervt? Das Musik-Duo Simon und Jan – bestehend aus Simon Eickhoff und Jan Traphan – hat sich diese Fragen nicht nur ausgedacht, die beiden haben auch echte Antworten darauf. Ihre Lieder sind Statements, die die Welt von heute erklären können und den Irrsinn der Zeit glasklar wiederspiegeln – im Gleichklang zarter Melodien. Hört sich blumig an, funktioniert aber.
Seit 2006 sind sie zusammen auf deutschen Bühnen unterwegs. Dass sie miteinander harmonieren, wissen sie seit ihrem gemeinsamen Musikstudium. Ihre grosse Kunst ist es, völlig unaufgeregt den Zeitgeist zu treffen, wenn sie sich in aller Ruhe Gedanken machen über Gott und die Welt, gegen ein Leben am Limit und gegen jeden Trend.
Simon und Jan, das scheint so einfach zu sein: eine Bühne, zwei Männer, zwei Gitarren und vielleicht noch eine kleine Beatbox. Hinzu kommen: perfekte musikalische Übereinstimmung, ein grandioses Gitarrenspiel und ein engelsgleicher Harmoniegesang. Dazu Texte von sprachlicher Präzision und satirischer Tiefe, lustig, komisch, derbe, anrührend. Das ist ganz grosse Kleinkunst. Ihre Themen finden Simon und Jan, indem sie ihre Umwelt aufmerksam wahrnehmen und in die Köpfe der Menschen und in deren Facebook-Accounts sehen. Alles was sie da bei ihren Recherchen so mitbekommen, können sie für ihre Lieder gebrauchen. Wut oder Weltschmerz, das kleine Glück oder das grosse Ego: ihre Lieder zielen ins Hirn und treffen ins Herz.
Die beiden Oldenburger prägen die neue junge deutschsprachige Liedermacherszene 2.0. Sie sind nicht nur live unterwegs, sondern spielen auch im Netz, zehntausendfach geklickt und geliked.
«Gebt ihr Stift, Papier und Bühne und niemand wird verletzt» - diesen Satz aus dem Repertoire von Lisa Eckhart könnte man als Anleitung zum besseren Verständnis dieser aussergewöhnlichen Poetry-Slammerin, Sprachartistin und Kabarettistin verstehen. Die Lust an der scharfen Formulierung scheint der Österreicherin in die Wiege gelegt. Ironisch gibt die 26-jährige Künstlerin ihrer steirischen Herkunft die Schuld daran, dass sie Deutsch anfangs als Fremdsprache begriffen hat. Später hat sie an der Sorbonne in Paris Germanistik studiert, sie lebte zwischenzeitlich in London, arbeitete als Hostess bei Automessen und versuchte sich als Schauspielerin. Ihr Wunsch, den Inhalt der vorgetragenen Texte auch selbst zu verantworten, führte Lisa Eckhart zuerst in die Slam-Poetry-Szene. Mit Preisen belohnt wechselte sie das Fach und stellte 2015 ihr erstes Kabarettprogramm vor: «Als ob sie Besseres zu tun hätten». Für die Kleinkunstbühne erschuf Lisa Eckhart eine extravagante Kunstfigur, eine Diva, deren atemberaubend provokantes Auftreten sich im Wortwitz ebenso widerspiegelt, wie im Outfit. Mit geistreicher Provokation spart sie auch in ihrem aktuellen Solo «Die Vorteile des Lasters» nicht, in dem sie die Bedeutung der sieben Todsünden für das 21. Jahrhundert durchdekliniert. Neid hält Lisa Eckhart für die unkreativste aller Sünden, benötigt der Neid doch stets den Vergleich. Interessant hingegen findet sie die Trägheit, denn nichts zu tun ist in unserer Gesellschaft wohl die grösste Leistung.
«Dialog finde ich überbewertet. Hauptsache, ich spreche», sagt Lisa Eckhart. Ihre satirischen Analysen sind präzise formuliert und können einmal poetisch, dann wieder deftig ausfallen. Klug, auf exzellentem sprachlichem Niveau, gnadenlos pointiert und ohne die politische Unkorrektheit zu scheuen, arbeitet sie sehr erfolgreich an dem Gesamtkunstwerk «Lisa Eckhart». Und dabei bereichert sie den schwarzen Humor um eine neue schillernde Facette.
Patti Basler ist Bühnenpoetin, Autorin und Kabarettistin. Sagt zumindest ihre Website. Im Herzen ist die ausgebildete Erziehungswissenschaftlerin mit Nebenfach Kriminologie aber unser aller Lehrerin. Eine Lehrerin, die Fehler nicht korrigiert, sondern gnadenlos protokolliert. Ja, vermutlich ist Patti Basler die schnellste satirische Protokollantin des Abendlandes. Wortspiele sind ihr Colt. Seit Neuestem beweist sie das auch in der Polit-Diskussionssendung «Arena» des Schweizer Fernsehens. Auf der Bühne, in ihren Programmen und Moderationen, registriert, kommentiert und persifliert sie schon seit neun Jahren die Unzulänglichkeit der Menschheit; wenn nicht sogar der Männer! Eine Arbeit, die freilich dem Ausmisten der Augias-Ställe gleicht, aber just da kann sich die in einer Bauernfamilie aufgewachsene Bühnenpoetin auf eine gute Kondition verlassen. In ihrem ersten Bühnenprogramm «Frontalunterricht» mistete sie, zusammen mit Bühnenpartner Philippe Kuhn, auch schon das Schweizer Schulsystem aus. Ganz nebenbei erobert Patti Basler Offene Bühnen und Slam-Battles, wurde 2018 Vize-Schweizermeisterin im Poetry Slam und betreibt auf Schweizer Radio SRF 1 das satirische Sorgentelefon «Die dargebotene Faust». Im März 2019 erscheint ihr zweites Bühnenprogramm «Nachsitzen». Weil sie die sprachlichen und politischen Widersprüche unserer Zeit zuverlässig und mit fauststarker Direktheit auf den Punkt bringt, hat die Schweizer Jury Patti Basler einstimmig zur Gewinnerin des Salzburger Stiers 2019 erkoren.
Kontakt:
Kulturist GmbH, Nathalie Buchli
Telefon 0041 61 508 01 01
buchli@kulturist.ch
www.kulturist.ch
Wenn Gerhard Polt da ist, dann ist er da. Steht im Raum oder auf der Bühne und füllt sie aus. Mühelos. Wahrscheinlich liegt darin sein Geheimnis: dass er die Fähigkeit, einfach nur da zu sein, beherrscht wie kaum ein anderer.
Seit über vierzig Jahren brilliert Polt als Kabarettist und Satiriker, als Filmregisseur und Hörspielmacher, als Geschichtenerzähler und Philosoph. Er braucht keinen Ruhestand, um in sich zu ruhen. Um «herumzuschildkröteln» und das «Vor-sich-hin-Sinnlosen» zu kultivieren. Das sind so Begriffe, wie sie nur dem Polt einfallen und in denen eine ganze Lebensphilosophie kristallisiert.
Ruhe, das ist für Gerhard Polt die Voraussetzung, um die Komik zu sortieren, die in der Welt herumliegt. Um den Wahnsinn im Alltäglichen zu erkennen. Polt ist ein begnadeter Beobachter. Er schaut seinen Zeitgenossen aufs Maul. Auch und gerade dann, wenn es weh tut. Wenn der Mensch seine monströse Seite zeigt. Wenn er sich als engstirnig, kleingeistig und ignorant erweist. Polt wuchtet ihn auf die Bühne, in seiner ganzen furchterregenden Banalität, schauderhaft echt, eben «fast wia im richtigen Leben».
Dazu braucht Gerhard Polt keine Kostümierung. Die Bevölkerung eines ganzen Stadtteils kann er allein mit der Kraft seiner Stimme lebendig werden lassen. Das hat er schon 1976 eindrucksvoll demonstriert: «Als wenn man ein Dachs wär' in seinem Bau», so lautet der Titel des Meisterstücks, mit dem Gerhard Polt seine Karriere als Satiriker begann. Das für den Hessischen Rundfunk produzierte Hörspiel handelt von der Luxussanierung eines Münchner Viertels, vom Verschwinden der Vergangenheit und ihrer Vertreibung durch die Zukunft.
Das Stück ist auch heute noch aktuell und relevant. Und Gleiches gilt für seinen Schöpfer. Wie hat es Gerhard Polt mal so unnachahmlich treffend formuliert? «Die Satire stirbt nicht, solange der Mensch menschelt.»